18.07.22

WIR STELLEN VOR: UNSER NEUER JUGENDKOORDINATOR KEVIN BARTZ

Kevin, erst einmal herzlich willkommen in der Eintracht-Familie. Wie ist es denn eigentlich dazu gekommen, dass du nun in Hildesheim bist?

Bartz: Für mich stand es schon länger zur Debatte, Handball zum Hauptberuf zu machen. Natürlich ist es schon ein Wagnis, im Sport sein Geld zu verdienen, deshalb war es für mich immer wichtig, ein berufliches Fundament zu haben. Dadurch, dass ich mir eine berufliche Grundlage geschaffen habe, konnte ich für mich entscheiden, ein solches Wagnis auch einzugehen und so ist es dann auch entstanden. Ich hatte ein paar Optionen, die zur Auswahl standen – eine davon war Hildesheim. Für mich war es das spannendste Projekt von allen und deshalb habe ich mich für die Eintracht entschieden.

Wir freuen uns, dass du hier bist. Wie darf man sich dein Aufgabengebiet vorstellen?

Bartz: Im Endeffekt kümmere ich mich um die komplette Handballabteilung von den Minis bis hin zu den Damen. Wobei die Damen und die U23 ein wenig gesondert laufen, hier ist Martin Murawski auch ganz stark involviert. Hauptsächlich bin ich für den Nachwuchs da und vor allem für den zukünftigen Leistungssport, den wir wieder aufbauen wollen. Das heißt im Kern die Betreuung des Internats, Elterngespräche, Perspektivgespräche, konzeptionelle Entwicklungen und die Betreuung des Trainings. Ich bin ja auch selber Trainer der B- und A-Junioren. Breit gefächert geht es dann auch irgendwann um das Thema Sponsorenbetreuung und -akquise, aber grundsätzlich geht es im Kern darum, einen direkten Ansprechpartner sowohl für den Breiten- als auch für den Leistungssport zu haben und die Kinder und Jugendlichen bestmöglich in ihrer Entwicklung zu unterstützen.

Jetzt hast du gerade gesagt, du trainierst unter anderem auch die U19, also die A-Junioren. Dafür war ursprünglich mit Jürgen Kloth jemand anderes geplant, wieso liegt dieser Bereich nun bei dir?

Bartz: Richtig, wir wollten gerne Jürgen Kloth für die U19 an Bord holen. Es gab aber verschiedene Faktoren, die wir in einem vertraulichen Gespräch zwischen Jürgen, Muri und mir zuerst analysiert haben, um dann einvernehmlich festzustellen, dass die Zusammenarbeit zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend ist. Einer der Gründe ist bereits klar: Wir werden keine A-Jugendbundesligamannschaft haben und einen relativ dünn besetzten Kader, was zur Folge hat, dass die B-Jugendspieler aushelfen werden. Letztendlich wollten wir hier dann den Kommunikationsweg gering halten, das bedeutet, dass ich als U17-Trainer parallel die U19 verantworte und somit die Belastung und Einsätze steuern kann. Damit erleichtern wir auch in diesem Bereich die Durchlässigkeit, gerade auch, weil U19 Spieler in der U23 spielen werden. Das heißt, wir haben kurze Dienstwege, wenige Personen, die mitentscheiden und am Ende geht es uns darum, dass wir den Jungs die bestmögliche Entwicklung ermöglichen. Eine dritte Schnittstelle wäre aus unserer Sicht in der aktuellen Situation unglücklich gewesen. Jürgen und ich haben uns aber vereinbart, in Kontakt zu bleiben und uns unterstützend immer wieder auszutauschen.

Als U17 und U19-Trainer braucht man sicherlich auch eine entsprechende Qualifikation, gerade wenn wir perspektivisch auf den Leistungssport schauen, richtig?

Bartz: Ich selbst besitze die B-Lizenz. Allerdings halte ich das aktuell gar nicht für so enorm wichtig, das an einer Lizenz festzumachen. Ich denke, man lernt unabhängig von Lizenzen am meisten, zumindest war das bei mir so. Durch das Konstrukt Bayer Dormagen oder auch als Auswahltrainer konnte ich sehr viel mitnehmen. Unabhängig davon starte ich im September meine Ausbildung zum DOSB-Nachwuchstrainer an der Sporthochschule in Köln.

Du hattest bereits angesprochen, dass perspektivisch der Leistungssport bei der Jugend wieder verstärkt in Angriff genommen werden soll, hierfür gibt es auch ein Jugendkonzept. Kurz und knackig: Kannst du uns sagen, wie die inhaltliche Ausarbeitung aussieht?

Bartz: Grundsätzlich ist es unser Ziel, große und maximale Durchlässigkeit zu den Profis zu gewährleisten. Das läuft bei uns unter der Zielsetzung #wirlebenDurchlässigkeit, das heißt, wir wollen es wirklich hinbekommen, dass wir viele Talente aus der eigenen Region beziehungsweise aus dem eigenen Nachwuchs in die erste Mannschaft und U23 integriert bekommen und somit gewährleistet wird, dass wir eine gewisse DNA im Verein haben. Das geht dann alles darüber, dass wir eine maximale individuelle Förderung haben, sowohl schulisch als auch sportlich über die duale Ausbildung. Wir wollen jedem Einzelnen das individuell beste Paket bieten und so wird auch die individuelle Trainingsbelastung immer wieder angepasst. Das ist unser Ziel über die nächsten zwei bis drei Jahre und danach kann man sich dann nochmal größere Ziele stecken.

Du bist auch für dieZusammenarbeit mit dem Internat im CJD Elze zuständig, wie handhabst du das?

Bartz: Es gibt einen festen Tag in der Woche, an dem ich im Internat bin. Neben dem Frühtraining bin ich dann auch Ansprechpartner für Lehrer, Schulleitung und Internatsleitung, aber natürlich auch für unsere Sportler. Ziel ist es, kurze Kommunikationswege zu haben, das heißt, es werden Lehrergespräche zur aktuellen Notensituation geführt oder auch Internatsgespräche im sozialpädagogischen Bereich. Wir wollen die duale, ganzheitliche Ausbildung gemeinsam bestmöglich steuern. So kann es duchaus sein, das wir beispielsweise auch mal ein Frühtraining streichen, um den Fokus mehr auf die schulische Ausbildung zu legen. Auch hier wollen wir jedem Sportler individuell gerecht werden und dafür brauche ich den nahen Kontakt zu den Lehrern und den Internatsmitarbeitern. Mit dem CJD in Elze und den handelnden Personen dort jedenfalls ziehen wir komplett an einem Strang. Nur so ist diese ganzheitliche Ausbildung der Jugendlichen auch zu gewährleisten.

Stichwort Durchlässigkeit: Einige A-Jugendliche und U23-Spieler stehen in der kommenden Saison bereits im erweiterten Kader der Profis. Ist das für dich schon der erste Schritt?

Bartz: Das ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung, den würde ich persönlich aber nicht in den Vordergrund stellen. Stattdessen würde ich hier gerne die Jungs hervorheben. Sie haben eine gute Einstellung zum Sport und sind absolut bereit, viel zu investieren. Man muss aber auch klar sagen, dass ein Großteil der Jungs noch dem jüngeren A-Jugend-Jahrgang angehört. Diese Spieler werden ihre Zeit brauchen und die werden sie definitiv auch bekommen. Nichtsdestotrotz wollen wir damit starten und dadurch zeigen, dass jeder die Möglichkeit hat und die Tür für ihn geöffnet wird. Was die Jungs dann sportlich daraus machen, liegt bei ihnen. Wir öffnen die Tür und sie müssen es schaffen, dass die Tür offen bleibt. Selbstverständlich werden wir sie dabei in Zusammenarbeit mit Daniel und Chris als Profitrainer sowie Sebastian Beyer als U23 Trainer immer unterstützen.

Erweiterter Kader heißt, dass sie auf jeden Fall mit den Profis mittrainieren?

Bartz: Genau, sie trainieren aktuell komplett bei den Profis mit, werden komplett ausgestattet und sind auch eine Option für das Trainingslager. Punktuell kann es auch immer mal sein, dass ein Spieler eine längere Phase der Vorbereitung mit durchläuft oder dann auch im regulären Spielbetrieb am Training teilnimmt. Das sind aber alles Themen, die in Rücksprache mit Daniel und Sebastian oder auch Chris und Muri für jeden Einzelnen entschieden werden.

Das hört sich sehr danach an, als sei die Kommunikation zwischen dem Verein und den Profis schon sehr stark verzahnt?

Bartz: Absolut. Wir sehen uns auch als eine Eintracht und wollen auch wieder komplett als ein Verein gesehen und wahrgenommen werden. Klar, die Profis sind wirtschaftlich ausgegliedert, aber das ist in allen Teams auf diesem Niveau so. Nichtsdestotrotz ist die Kommunikation bei uns aktuell definitiv gut. Selbstverständlich gibt es immer Punkte, an denen man noch arbeiten muss, aber wir sind auf dem richtigen Weg und ziehen alle an einem Strang. Das ist das, was für die Jungs wichtig ist, wir müssen ihnen die Chance geben, sich zeigen zu können und sie unterstützen. Da geht es einfach nicht um uns, sondern um den Sportler.

Das hört sich nach sehr viel Leidenschaft bei dir an.

Bartz: Leidenschaft ist immer so ein hartes Wort. Natürlich ist das ein absolutes Privileg, dass man einen Job in diesem Bereich hat und quasi sein Hobby zum Beruf machen konnte. Das muss man einfach wertschätzen. Und dann sage ich immer ganz klar, dass es zwei Möglichkeiten gibt, einen solchen Job auszuüben. Entweder ich mach ihn nullachtfünfzehn, heißt, ich mache meine acht Stunden pro Tag und gehe dann nach Hause oder ich bin bereit, den Anspruch an mich selber zu stellen, um das Bestmöglichste rauszuholen. Das sind mir die Spieler wert und das muss ich ihnen einfach auch zurückzahlen. Sie schenken uns viel Vertrauen, sind bereit aufs Internat zu kommen und investieren viel Zeit und dann wäre es absolut fatal, wenn man nur auf seinen eigenen Feierabend aus ist, obwohl noch etwas angefallen wäre, womit ich den Spieler unterstützen kann. Für mich ist das eine gegenseitige Wertschätzung. Die Jungs investieren in uns und wir investieren in die Jungs. Unabhängig davon ist es auch für mich persönlich eine Riesenchance, im Sport weiter Fuß zu fassen. Deswegen kann man es gerne Leidenschaft nennen, ich würde es lieber maximale Transparenz, Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung nennen.

Heißt für dich, das ist ein Geben und Nehmen?

Bartz: Definitiv. Sie investieren sportlich und ich bin dafür da, dass sie auch weiterkommen. Fakt ist doch, wenn man von einer Seite merkt, es kommt nichts mehr, dann zieht man sich selber automatisch auch zurück und geht nicht mehr an sein Limit. Ich muss aber auch sagen, dass die Jungs momentan alle an ihr Limit gehen. Die Bereitschaft ist sehr, sehr hoch, die Jungs sind alle bereit zu investieren. Man muss natürlich auch sehen, dass das Konstrukt, das wir auffahren, auch nicht unbedingt kostengünstig ist. Das heißt, das Gesamtpaket, das wir hier schnüren als Eintracht mit Internat, Schule, Frühtraining, Abendtraining, Athletiktraining, Physiobetreuung und dem ganzen sportlichen Paket drum herum, ist auch sehr kostenintensiv. Natürlich erwarten wir dann auch maximales Engagement von den Sportlern.

Hört sich nach ordentlich Arbeit für dich an – hast du ein Team, das dich dabei unterstützt?

Bartz: Grundsätzlich ist es so, dass man den finanziellen Background für weitere Stellen schaffen muss. Meines Erachtens geht im Leistungssport viel über Hauptamtlichkeit, das heißt, man braucht Leute, die sich auch über den Tellerrand hinaus damit beschäftigen. Parallel dazu ist ehrenamtliche Arbeit unverzichtbar. Am Ende ist es einfach ein Team hinter dem Team. Sei es Daniel, der ein sehr engagierter Profitrainer ist oder auch Chris als Co-Trainer und Eigengewächs mit maximaler Transparenz. Er unterstützt uns auch bei Gesprächen mit Spielern und erzählt aus seiner Zeit im Internat. Das ist natürlich perfekt, dadurch haben wir jemanden, der alles durchlaufen hat, was wir anbieten wollen. Aber auch neben dem Feld haben wir Muri (Martin Murawski) im Hintergrund, der eine sehr gute Arbeit im Backoffice leistet und zuletzt auch der Teammanager der Profis Martin Kahl, der mich in Sachen Orga unterstützt. Zum Team gehören aber die Trainer in den einzelnen Altersklassen. Ich bin sehr dankbar und froh, hier bereits ein Team engagierter Leute gefunden zu haben. Im Trainerteam engagieren sich sowohl Spieler der Profimannschaft, als auch aktive Jugendspieler als auch erfahreren Mitstreiter wie zum Beispiel Frank Mai, der die Minis trainiert. So können wir gewährleisten, dass alle Mannschaften in der kommenden Saison vernünftig betreut und traineirt werden können. Ich mache aber auch keinen Hehl daraus, dass wir uns freuen würden, wenn sich weitere Menschen finden, die uns in der Nachwuchsarbeit oder an anderer Stelle unterstützen wollen.

Jetzt hast du uns einen sehr guten Einblick in Ziele, Aufgabengebiete und mehr gegeben. Wie sieht denn der geplante Zeitraum für die Zielerreichung aus?

Bartz: Meines Erachtens muss das Projekt eher langfristig angesetzt werden, weil wir sportlich gerade eine Talfahrt durchleben. Man darf nicht außer Acht lassen, dass wir außer im Bereich der C-Jugend in keiner Altersklasse in der höchsten Liga spielen. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir das mittelfristig wieder hinbekommen – auch wenn es vielleicht einige Jahre dauern wird. Deswegen ist es mir ganz wichtig, dass man offen kommuniziert, Fehler, die da sind, anspricht und nach Lösungen sucht, aber uns auch langfristig Vertrauen schenkt. Es wurden Fehler gemacht und es werden auch weitere Fehler passieren, aber trotzdem sollte man nicht den Kopf in den Sand stecken. Ich bin davon überzeugt, dass wir hier in Niedersachsen aufgrund der kompletten Struktur mittel- oder auch langfristig wieder die klare Nummer zwei im Handball werden können.

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